Dass man heute diese zum Teil über 100 Jahre alten Automobile so in Aktion und nicht nur museal bestaunen kann, ist zum einen natürlich allen Teilnehmern zu verdanken. Initiiert und wiederbelebt hat die legendären Herkomer-Konkurrenzen 1997 jedoch der damalige Leiter des Stadtmuseums, Hartfrid Neunzert. Zum einen sollte an Hubert von Herkomer erinnert werden, zum anderen sah er darin eine großartige Möglichkeit, die Automobilgeschichte lebendig zu erhalten. Hierfür fragte er den Fernseh-Journalisten und Experten für Motorsport, Ulf von Malberg, ob er sich darum kümmern wolle. Und er tat es; beide (!) tun dies dankenswerterweise noch heute, denn wohl kaum jemand ist so vertraut und allwissend in diesem Thema wie die beiden Herren!
Im
Zwei-Jahres-Rhythmus richtet die Stadt Landsberg am Lech die älteste Tourenwagen-Rallye der Welt aus, um es vielen zu ermöglichen, in und um Landsberg jene Urväter des Automobilbaus zu bewundern,
die anlässlich der Herkomer-Konkurrenz ihr Stelldichein in der Lechstadt geben. Schon das Eintreffen
der Teilnehmer mit ihren „Schnauferln“ am Parkplatz neben Herkomer’s Mutterturm in Landsberg, wird zelebriert und ist ein Erlebnis für sich, denn nicht allzu oft treffen sich die Besitzer von
Fahrzeugen vor Baujahr 1930. Die Bräuche sind so streng, dass Ferraris, Jaguars und Porsches nicht zur Teilnahme angenommen werden, da sie zu jung sind.
Einer der Höhepunkte ist sicherlich der Zieleinlauf am Samstag auf dem Hauptplatz, dem Parc fermé, der erfreulicherweise für viele Interessierte aus Nah und Fern zum Anziehungspunkt wird!
Hubert von Herkomer war einer jener Malerfürsten um die Jahrhundertwende, zu denen unter anderem Künstler wie Lenbach, Keller, Piloti, Stuck und Kaulbach zählen. Sichtbar sind seine Hinterlassenschaften z. B. in den beiden Museen Landsbergs, im Historischen Rathaus und dem Mutterturm, schließlich in einem eigenen Museum seines Hauptwohnsitzes Bushey / England nördlich von London. Seine Bilder sind weltweit verbreitet, ein Queen Victoria-Portrait hängt sogar in Durban/Südafrika.
Nicht umsonst wurde die Fortsetzung des Hauptplatzes Landsbergs nach ihm benannt, sogar in München und Berlin tragen Plätze und Straßen seinen Namen. Etwas genauer muss man jedoch hinschauen, will man zwei Erinnerungen an den großen Künstler finden, die jedoch nur teilweise mit seinem Schaffen zu tun haben.
Am Mutterturm selbst ist eine Tafel eines der ältesten Automobilclubs Deutschlands angebracht, auf der zu lesen steht: Hubert von Herkomer, dem Wegbereiter d. Automobilsports in Deutschland zum Gedenken. Allgem. Schnauferl Club e.V. Landesgruppe Südbayern. Gleich nebenan, am Parkplatz des Mutterturms steht gar ein Denkmal des Deutschen Automobil Veteranen Clubs (DAVC). Eine weitere Gedenktafel befindet sich an Herkomers Geburtshaus in Waal. Dass Herkomer ein Universalgenie war, nicht nur malte, sondern auch modellierte, schnitzte, komponierte, schauspielerte und sogar ein Pionier des Filmes war, könnte bekannt sein, aber wieso Wegbereiter des Automobilsports?
Einer seiner Kunden war ein Gentleman namens William Humble Ward, 2nd Earl of Dudley, Lord
Lieutenant of Ireland (das ist ein anderer Ausdruck für Gouverneur, denn Irland war im Jahr 1903 noch komplett britisch), konservativer Abgeordneter und ehemaliges Mitglied der Regierung von Lord
Salisbury, persönlicher Freund von König Edward VII. Der sollte Herkomer für den Automobilsport begeistern.
Herkomer hatte seine bayerische Heimat nie vergessen, pendelte häufig zwischen Bushey, und Landsberg hin und her, hatte seinen Eltern ein neues Zuhause geschaffen und gleich daneben den Mutterturm errichten lassen. Er war bereits Mitglied des Bayerischen Automobilclubs (gegründet 1899) und mit seinem Präsidenten, dem Sprachforscher Professor Christof Ludwig Pöhlmann, befreundet.
Das von Herkomer selbst entworfene Silberne Gebirge, wie es despektierlich genannt wurde, war für den Besitzer der siegreichen Fahrzeuge aller drei Veranstaltungen ausgeschrieben. HvH hatte ja versprochen, die jeweiligen Sieger zu portraitieren, die Gemälde von Ladenburg und Stöß hängen heute im Herkomer-Museum direkt neben dem Mutterturm in Landsberg.
Die Herkomer-Konkurrenzen waren derart erfolgreich, dass Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder Kaiser Wilhelms II. und selbst Teilnehmer, sie reglementstechnisch praktisch unverändert übernahm und als Prinz Heinrich Fahrt zwischen 1908 und 1910 durchführen ließ.
Zum Schluss noch eine Erklärung zu dem Bildnis, das sich im Zusammenhang mit der Herkomer-Konkurrenz immer wieder findet:
Herkomer sah die Menschheit künftig abhängig vom motorisierten Fahrzeug.
So stellte er die Zukunft als weibliche Figur ans Automobil gefesselt dar, das eine Staubwolke aufwirbelt.
Da niemand tatsächlich in die Zukunft sehen kann, hat die weibliche Gestalt mit einem Tuch verbundene Augen.
Somit ist "die Zukunft" heute zu DEM Erkennungszeichen aller Kenner und Freunde der Herkomer-Konkurrenz geworden.